Herbert Schilling (1928-2015)

Herbert Schilling

16.9.1928 – 21.10.2015

 

Ein Nachruf von Gottfried Jung (präzisiert im April 2022)

 

Nach Jochen Haupt`s Vereinschronik gehörte Herbert Schilling zu der Mannschaft, die offiziell von der Stadt Erftstadt als „Mannschaft des Jahres 1978“ ausgezeichnet wurde, nachdem ihr der Aufstieg von der Kreisklasse über Bezirksklasse, Bezirksliga in die Verbandsliga in ununterbrochener Folge gelang.


Ich habe allerdings Herbert Schilling erst im Rentenalter kennen gelernt. Neben den üblichen, freitäglichen Vereinsabenden im Pfarrheim spielten wir jeden Mittwochnachmittag bei mir zu Hause Schach – mit Uhr und Notation – und zeitweise auch gemeinsam in einer Mannschaft.


Er war auch Pächter eines Jagdreviers im Rothaargebirge und Eigentümer eines Jagdhäuschens. Dort waren wir öfter. Angekommen führte unser erster Weg zur Metzgerei, um Wurst, Schinken und Mett, anschließend zum Bäcker um Laugenbrötchen und schließlich zum Getränkehandel um ein bisschen Rotwein und Bier einzukaufen. Mengenmäßig für 3 Tage. Man muss wissen: Frau Schilling neigte zur vegetarischen Küche und Herbert Schilling kannte aus früheren Zeiten als Gastgeber (Geschäftsführer des Brühler Eisenwerks) von sog. Geschäftsessen jeden Gourmettempel im weiten Umkreis und genoss diese etwas rustikale Ernährung. Abgesehen davon ließ uns das Schachspiel keine Zeit für Restaurants oder Gaststätten.


Und mit Schach begann und endete der Tag, unterbrochen wurde nur, um die Kirrungen (= 7 Lockfutterstellen für Wildschweine; verstreut in einem großen Gemeindewald) zu kontrollieren und ggfls. mit Mais aufzufüllen. Unvergessen bleiben diese Kontrollfahrten im Winter, in einem 25 Jahren alten Jeep, mit einem fast 80Jährigen am Steuer, nicht im flachen, gepflegten Rheinland , sondern im vereisten, urwüchsigen, abschüssigen Wald im Rothaargebirge.


Um Mitternacht begaben wir uns dann auf einen seiner Hochsitze, hoch oben auf einem großen Baum, ich meist bibbernd vor Kälte, er behaglich schnurrend in seiner Luxus-Winter-Jagdausrüstung. Auch die Wildschweine hatten es gut; ich bin eh kein Jäger und er zeigte in den letzten Jahren Ehrgeiz nur noch beim Schach und so blieb es immer öfter beim Beobachten des Wildes. Es waren wunderschöne Tage.


Die Jagdausflüge endeten, als er sich um seine kranke Frau kümmern musste. Dann erwischte es auch ihn. Er zog sich zurück und als ich ihn etwa nach 1 Jahr besuchte, erkannte er mich nicht wieder. Aber als ich ihm eine Partie Schach vorschlug, war ich ihm sofort willkommen. Er hatte vieles vergessen, nicht aber die Regeln des Schachs. Ich besuchte ihn sporadisch und wir spielten Schach. Irgendwann öffnete sich die Tür nicht mehr, das große Haus war unbewohnt.


Herbert Schilling war beruflich lange, lange Jahre – bis 1992/1993 als Geschäftsführer des Brühler Eisenwerks tätig und für die Unternehmensführung verantwortlich. Er erzählte mir, dass er in den 1940er Jahren auf Reichsebene an einem Schülerwettbewerb teilgenommen habe, als Bester ausgezeichnet wurde und als Dankeschön ein Stipendium in Wien erhielt. Gegen Ende des Krieges sollte er noch Soldat werden. Den Einberufungsbefehl missachtend, schlug er sich (er war 16 oder 17 Jahre alt) auf Umwegen nach Hause und beendete nach dem Krieg sein Ingenieur-Studium.


Er hat unseren Verein großzügig unterstützt. Wir werden sein Andenken in Ehren halten.

Gottfried Jung

 

Zitat aus Jochen Haupt's Vereinschronik:

Der Aufstieg in die Bezirksklasse, 1977 in die Bezirksliga, 1978 in die Verbandsliga Mittelrhein waren das Ergebnis. … Die Stadt Erftstadt würdigte diesen Erfolg durch die Verleihung des Titels „Mannschaft des Jahres“, eine Ehrung, die bis vor einigen Jahren regelmäßig verdienten Sportlern zu Teil wurde, nun aber dem Rotstift zum Opfer gefallen ist. Zu dieser Mannschaft gehörten die Spieler Armin Gutsche, Jochen Haupt, Rolf Michels, Helmut Nerstheimer, Franz Georg Rips, Herbert Schilling, Helmut Schlich, Alfons Schönenborn, Helmut Thomas.

 

Was den meisten wohl nicht bekannt ist: Herbert Schilling hat unseren Verein diskret durch sehr großzügige Spenden unterstützt, in seiner Bescheidenheit machte er davon kein Aufhebens.

W.R.